Unter Leitung des DSB reiste eine gemeinsame deutsche Mannschaft unter Teilnahme von Athleten beider deutscher Sumo-Verbände in die mongolische Hauptstadt Ulan Bator. Anlass war die in der Mongolei zwischen dem 28. Juli und dem 1. August 2016 ausgetragenen Weltmeisterschaften der Internationalen Föderation Sumo (IFS).
Die zwölfköpfige deutsche Mannschaft setzte sich wie folgt zusammen:
Mittwoch, 27. Juli bis Donnerstag 28. Juli
Bis auf Johanna, die berufsbedingt erst einen Tag später anreisen konnten, trafen sich alle Athleten am Mittwoch Mittag auf dem Flughafen Frankfurt am Main, um gemeinsam mit der nagelneuen Boeing 787-9 Dreamliner B-7878 der China Air in etwas mehr als neuneinhalb Stunden nach Peking zu fliegen. Über Sibirien tauchte die Maschine in den Nachtschatten der Erde ein, um bei Sonnenaufgang auf dem gigantischen Pekinger Flughafen bei smogverhangenem Himmel zu landen. Nach einigen anstrengenden Sicherheitskontrollen hob eine weitere Air-China-Maschine mit den Athleten und Offiziellen der deutschen Mannschaft nach Ulan Bator ab.
Zweieinhalb Stunden Flug über Wüste der Gobi, klassicherm Saurierland, kamen das deutsche Team in der mongolischen Hauptstadt an und erreichte nach einer weiteren dreiviertrel Stunde Busfahrt durch die 1,5-Millionen-Einwohner Metropole des stolzen Steppenvolkes die Unterkunft: Das Vier-Sterne-Hotel "Chinggis Chan". Im "Zweiten Haus am Platze" erfolgte die Akkreditierung, das Einchecken und die Waage. Großer Dank gebührt den Damen vom Organisationsbüro, allen voran der Chefsekretärin des IFS, Frau Chutima san, für die immerwährende, trotz allem unvermeidbaren Chaos ruhige und bemühte Hilfe in allen Situationen und Fragestellungen.
Inmitten der Sprachen von 20 teilnehmenden Nationen verständigten wir und auf Englisch, Russisch und mit Händen und Füßen - unter anderem auf dem abends im etwa 1,8km entfernten Luxushotel "Blue Sky" vom Veranstalter ausgerichteten Begrüßungs-Diner .
Gleich der Ankunftsabend brachte auch das erste Abenteuer mit sich. Auf der Rückfahrt zum Hotel geriet der Bus der deutschen Mannschaft in einen Sturzregen, der einge Straßen Ulan Bators in Flüsse und Seen verwandelte. Automobile begannen ziel- und steuerlos zu schwimmen wie Bojen auf einem stürmischen See. Versuchte sich ein Geländewagen durch die Fluten zu kämpfen, ließ dessen Bugwelle die seitwärts geparkten Automobile gegeneinander schlagen.
Vom Hotel aus wurde das Desaster von uns mit bangen Blicken verfolgt. War doch nicht klar, ob es den Mongolen gelingen würde, über Nacht die enormen Fluten abzupumpen und die Straßen, auf denen kein Durchkommen war, wieder freizubekommen. Wie sollten wir am nächsten Tage zu den Tagungsstätten gelangen? Wie möglicherweise am darauffolgenden Tage die Rikishi in ihr Stadion am anderen Ende der Stadt bringen? Doch die Mongolen leisteten über Nacht ganze Arbeit. Am Morgen des 29. Juli war von der Katastrophe kaum noch etwas zu sehen.
Dank an Johannes für die Ausstattung mit unseren Team-Anzügen!
Freitag, den 29. Julei 2016
Am Morgen stieß Johanna zu uns. Obwohl ihr Flugzeug beinahe püntlich auf dem Dschingis-Khan-Flughafen Ulan Bator landete, konnte sich ihr Shuttle-Bus doch erst mit beinahe zweistündiger Verspätung in Bewegung setzen. Die Zitterpartie - Johanna musste ja auf die Waage, die nur begrenzte Zeit geöffnet war - war dem Umstand geschuldet, dass die georgische Mannschaft um Präsident und Checoach Tengis Rokhadze am Flughafen erst um Einreisevisa ersuchen musste - wie schon Tags zuvor die estnische Mannschaft um EFS-Generalsekretär Riho Rannikmaa. Doch Tengir, der mongolische Gott des Ewigblauen Himmels, war mit uns. Auch Johanna bekam ihre Startzulassung.
Während für die Delegationsleitung am Vormittag bereits die ersten Termine anstanden - Kontinentalversammlung, IFS-Kongress mit offiziellen Bekanntmachungen unter Teilnahme des japanischen IFS-Präsidenten Herrn Tanaka sama, Trainer- und Kampfrichterseminaren - unsere Elke Nowack von Cottbus hat die Chance, Weltkampfrichterin zu werden - konnten sich die Athleten etwas mit der Stadt vertraut machen, ein paar Souvenirs kaufen, Postkarten nach Hause schreiben.
Um 16.00 Uhr Ortszeit war dann der offizielle Fototermin aller beteiligten Nationen mit dem größten Mongolen aller Zeiten, der mächtigen Dschingis-Khan-Skulptur auf dem zentralen Dschingis-Khan-Platz der Hauptstadt. Zu einem besonderen Höhepunkt machte der Veranstalter den Fototermin und das anschließende Willkommensfest im Sky-Ressort westlich nahe Ulan Bators durch die Teilnahme des 69. Yokozuna Hakuhō Shō (白鵬 翔; Мөнхбатын Даваажаргал, Mönchbatyn Dawaaschargal) . Im Sky Ressort stieß der 70. (aktive) Yokozuna Harumafuji Kōhei (日馬富士 公平; bürgerlicher Name Даваанямын Бямбадорж, Dawaanjamyn Bjambadordsch) hinzu.
Mit den Yokozuna, die in der Heimat des Sumo, Japan, als lebende Kami (Götter) gelten, wollte jeder mal ein Foto machen.
Die Willkommensparty war schlichtweg überwältigend. Ohne auch nur im Geringsten in folkloristischen Kitsch zu verfallen, präsentierte sich die mongolische Nation, die bereits ein fester Bestandteil der japanischen Sumo-Landschaft ist, ihren Gästen. Das pferdeverrückte Volk zeigte Reiterkunsstücke und den virtuosen Umgang mit dem gefürchteten Reflx-Compositbogen. Beides ließ erahnen, wie es die Mongolen unter Dschingis-Khan und seinen Nachfolgern gelang, das größte Weltreich der Geschichte der Menschheit zu erobern.
Kamelreiten, ein mächtiger Adler und ein großer Uhu lockten die Gäste und dann natürlich eine Vorführung des mongolischen Nationalsports - des Adler-Ringens.
Wer das sah, der verstand sofort, wie es den Mongolen gelingen konnte, nach internationaler Öffnung der Makuuchi-Division höchste Ränge bis in die Maegashira und die Sanyaku bis hin zu bisher vier Yokosuna in Folge (seit 2003) zu erreichen. Seit 2003 gibt es also nur noch mongolische Yokozuna.
Für unsere Rikishi war die Begegnung mit diesen beiden Koryphaen ein großer Ansporn.
Der Kampftag. Samstag, den 30. Julei 2016
So nun sind alle vom Deutschen Sumo Team wieder in Deutschland gelandet! Nun ein paar Einblicke in den Wettkampf!
In 65 kg ging Julia Dorny in Ulan Bator an den Start! Sie sorgte mit ihren zwei Siegen gegen Sriboonruang THA und Hsiao TPE für einen guten Start in die Weltmeisterschaft! Erst
im Einzug ins Finale konnte sie von der Japanerin Yamanaka gestroppt werden. Enttäuscht und trotzdem hoch motiviert musste sie kurze Momente nach der Niederlage gegen die Ungarin Forgo in den
Bronzekampf. Nach starkem Kampf siegte hier dennoch die Erfahrung der Ringerin aus Ungarn. Ein toller 5. Platz für Julia und das lässt für die Zukunft hoffen.
In 80 kg ging mit Kerstin Schmidtsdorf die Medaillenhoffnung für Deutschland in den Ring. Das Los hatte ihr gleich im ersten Kampf die WM Silbermedaillengewinnerin des letzten Jahres aus der Mongolei, Otgon, beschert. Da sich die beiden sehr gut kennen, war der Kampf hart mit der Hüfte umkämpft, aber leider mit dem schlechteren Ende für Kerstin. Im nächsten Duell wartete die völlig frustrierte Europameisterin Russin Alexandrova, welche im Vorkampf unerwartet gegen Olimpia Robakowska Polen verlor. Kerstin und Anna kennen sich gut und so ging es voll zur Sache. Denn nur wer den Kampf als Sieger verlässt, hat noch die Chance auf Bronze! Diesmal sollte es für Kerstin kein Edelmetall geben, aber auch der 7. Platz wirft noch wertvolle Punkte für die World Games 2017 ab.
Im Schwergewicht über 80 kg ging Anika Schulze an den Start. Im ersten Kampf wartete Erika Makai. Sie schaffte es, ihre Gegnerin bis an den Rand des Ringes zu schieben. Dann verlor sie leider die Übersicht und musste sich geschlagen geben. Im zweiten Kampf gab sie der Thailänderin Kedsuwan keine Chance und siegte. Um Platz drei musste sie der wie ein Blitz startenden Japanerin Inabe die Bronzmedaille überlassen. Ein 5. Platz bei der Weltmeisterschaft!
In der Frauen Open Kategorie, es starten alle Athleten ohne Gewichtslimit gegeneinander, ging Johanna Schumann in den Ring. Sie startete gegen die Polin Marina Rozum und verlor nach zu spätem Start. Gegen Chao aus TPE machte sie diesen Fehler gut und behielt sich die Medaillen Chance weiter offen. Leider stand ihr mit der Japanerin Ueta ein harter Brocken im Ring. Ueta, schon zweimalige Bronzegewinnerin der letzten Weltmeisterschaften, siegte gegen Johanna. Einen 7. Platz bei den ersten Weltmeisterschaften. Herzlichen Glückwunsch!
Thomas Walter ging in der Open Kategorie an den Start. Ihm hatte das Los den Ukrainer Veresiuk beschert, der Start passierte etwas zaghaft, trotzdem konnte Thomas seinen Griff holen. Aber er kam auf dem Lehmboden nicht zum Stehen und am Ringrand bekam er den Ukrainer nicht mehr gedreht. Leider verlor Thomas den Kampf und durfte dann aber noch im Team ran.
Im Schwergewicht ging diesmal nicht Fred Köppen sondern Johannes Schalygin in den Kampf. Johannes stand im ersten Kampf dem Japaner Kurokawa gegenüber, den er gleich mal aus dem Gleichgewicht brachte und ein Achtungszeichen setzte. Leider siegte der Japaner nach der Schrecksekunde trotzdem. Im zweiten Kampf gewann Johannes souverän gegen Tsai aus TPE und ging motiviert in den nächsten Kampf gegen den Ungarn Kalmar. Leider war Johannes übermotiviert und seine Arme und der Oberkörper waren weit vor seinem Mittelpunkt: Sein Gegner drückte ihn nach unten auf den Lehmboden. Das sind Erfahrungen die er sammeln muss und mit seiner Motivation und dem Training in Berlin und Brandenburg wird es bei den nächsten Wettkämpfen noch besser!
Jörg Frischmann, im Mittelgewicht bis 115 kg an den Start gehend, traf in seinem ersten und einzigen Kampf im Einzel auf den Inder Jaskanwar, den er aushob und bis zum Ringrand trug. Als keiner mehr an eine Niederlage dachte, kam der Inder mit dem Fuß noch einmal in einen Ringrand und übernahm Jörgs Vorwärtsbewegung und warf ihn. Aber das sind alles Erfahrungen und genau diese lassen uns reifen!
Im Leichtgewicht bis 80 kg ging unser deutscher Sumo-Vizeeuropameister Philipp Brinkmann in den Ring. Im ersten Kampf trat er gegen den jungen Ukrainer Chuiev an, dem Philipp keine Chance ließ. Im zweiten Kampf stand er dem Bulgaren Georgiev gegenüber. Zwei starke Ringer versuchten ihren Griff um ihre Technik durchzusetzen, leider mit besserem Ausgang für den Bulgaren. Nun stand er dem Japaner Shibaoka gegenüber, den Philipp komplett im Griff hatte und plötzlich eine Konterbewegung machte, die der Japaner für sich nutzte! Aus der Traum von Edelmetall! Aber Philipp, seit langem erstmals wieder bei einer WM dabei, kann stolz sein über den 7. Platz. Wir sind es!
In der Frauen Open Kategorie, es starten alle Athleten ohne Gewichtslimit gegeneinander, ging Johanna Schumann in den Ring. Sie startete gegen die Polin Marina Rozum und verlor nach zu spätem Start. Gegen Chao aus TPE machte sie diesen Fehler gut und behielt sich die Medaillenchance weiter offen. Leider stand ihr mit der Japanerin Ueta ein harter Brocken im Ring gegenüber. Ueta schon zweimalige Bronzegewinnerin der letzten Weltmeisterschaften siegte gegen Johanna. Einen 7. Platz bei den ersten Weltmeisterschaften. Herzlichen Glückwunsch!
Text und #Videos Sandra Köppen-Zuchschwerdt, Redaktion Michael L. Hübner
Elke Nowack aus Cottbus konnte ein sehr erfolgreiches Weltmeisterschaftdebut als Ringrichterin (Judge) ablegen. Das ist zweifelsohne der Schritt zu ihrer Karriere als Weltkampfrichterin (Referee).
Leider gelang es uns nicht, den separat angereisten Schiedsrichter und SVD-Präsidenten Heinz Jenkel zu einer kooperativen Haltung der gemeinsamen deutschen Nationalmannschaft zu bewegen. Jenkel zog noch immer die Legitimität des DSB und seines Präsidenten, Michael L. Hübner, und damit die Entscheidung des Vorstand des Deutschen Judo-Bundes (DJB) in Zweifel. Dem DSB gelang es aber trotzalledem, die Rikishi beider Verbände aus ganz Deutschland wieder in einem Team zusammenzuführen.
Was in unserer Macht stand, wurde erfolgreich getan, um die Vorgaben des DJB zu erfüllen.
Text Michael L. Hübner
Der Erholungstag. Sonntag, der 31. Julei 2016
Der Sonntag war einem Ausflug zum mongolischen Nationalmonument, dem Dschingis-Chan-Reiterstandbild vorbehalten, den unsere beiden hochengagierten 17jährigen Begleiter Энххуслэн Н. (Enchchuslen N.) und Tushigt Erdene organiserten. Den beiden sagen wir auf diesem Wege Dank für ihre unermüdliche und freundliche Art, uns in dem fremden Lande zur Seite zu stehen.
Der Weg führte uns in zwei Stunden zur 54 Kilometer ostsüdöstlich der Hauptstadt Ulaan Bataar gelegenen Monumentaldenkmal in der Provinz Tov-Aimag. Hier soll der Großchan einst angeblich eine goldene Gerte gefunden haben. Das etwa dreißig Meter hohe Reiterstandbild auf einem Sockel von 36 Säulen mit Museum, Souvenierläden und Poststelle zählt zu den imposantesten Bauwerken seiner Art in der Welt obwohl es "nur" an Stelle 53 der größten Monumentaldenkmäler rangiert.
Der Rückweg brachte einen Abstecher in den Gorchi-Tereldsch-Nationalpark. Dort findet sich der Schildkrötenstein, Melkhii Khad (alter Name: Mungut Khad), einer berühmten, augenfälligen geologischen Formation.
Am Abend wurde vom Veranstalter eine Sayonara-Party im Herzen der Hauptstadt ausgerichtet.
Text und Bilder Michael L. Hübner
Ergebnisse: Philipp Brinkmann aus Osnabrück erkämpfte in der Klasse bis 85 kg den 7. Platz. Anika Schulze aus Brandenburg an der Havel erreichte in der Klasse über 80 kg mit dem 5. Platz die höchste Wertung für die deutsche Mannschaft. Ebenfalls den 7. Platz konnte sich Kerstins Schmitzdorf in der Gewichtsklasse bis 80 kg erkämpfen.
Die Weltmeisterschaft ist für uns mit der Landung in Berlin-Tegel zu Ende gegangen.
Text und Video Michael L. Hübner
Noch einige Impressionen einer gemeinsamen deutschen Nationalmannschaft im Sumo.
Bilder verschiedene Autoren